Mobbing. Hate-Gedankenspiralen und Angst vor Menschenkontakt

Versteht mich nicht falsch. Das ist kein Text gegen Ausschluss. Ausschluss ist super wichtig, wenn es einen politischen Hintergrund gibt. Es kann gute Gründe geben, mit Menschen nicht reden zu wollen. Aber hier geht es um was anderes. Hier geht es um eine Erfahrung von mir. Eine grausame Zeit. Ich teile das mit euch. Auch die Selbstverachtung, die in mir immer noch Raum einnimmt. Hate-content. Vielleicht wollt ihr auch was teilen. Ich bitte darum. Auch um Links auf eure Texte. Aber es geht nicht um von einer emanzipatorischen! Politik gewollte Ausschlüsse. Sondern um eine willkürliche Gewalt, die mein Leben krass geprägt (und für lange Zeit ruiniert) hat. Diesen Text stückel ich seit Monaten zusammen. Ich bin immer noch nicht zufrieden. Weil ich keinen Ausdruck finde. Aber hier ist ein Versuch. Wenn ihr es lieber literarisch wollt: Nicht da, nicht Pusteblume (hier auch vorgelesen) Hässlich und Felsgestein.

Diese plötzlichen Hassmomente. Wo ich innerlich aufspringe und mir so heftig schaden möchte, weil ich „wieder alles falsch gemacht habe“. Weil ich verunsichert bin und voller Panik. Immer so wie ein heftiger Schlag ins Gesicht. Zack, und diese Gefühle, dieser Selbsthass ist wieder da. Ich mag mich nicht mehr hassen. Ich mag nicht mehr Selbsthass als Schutzmantel nutzen. Schön nochmal einen Seitenhieb gegen sich selbst, dann müssen andere das nicht übernehmen. Haha, ich war die erste, ich kann kontrollieren wer mich verletzt. Ätschibätsch.

Nicht wirklich lustig. Ein bisschen humoristisch vielleicht. Passend für mein verletzend-ironisches Spaßverständnis.

Nimm dich nicht so wichtig Steinmädchen, es hat nichts mit dir zu tun. Während es in mich reinbrettert: Alles machst du falsch falsch falsch. Online und Offline. Zwischenmenschlich. Bleib endlich in deinem verdammten Zimmer! Ah und bitte geh auch nicht mehr ins Internet. Lass es endlich sein mit den Menschen. Sofort.

Ganz viel hate. Drei Absätze, vielleicht schon zu viel Raum dafür. Aber es tut mir weh. Eigentlich will ich über Mobbing schreiben. Das Aktuelle sind einfach nur die Folgen davon. Ausschluss Einschluss blubb blubb blubb. Es fällt mir gerade super schwer diesen Text zu schreiben, so voller Verachtung und dem Gedanken daran, dass coole Menschen das hier scheiße finden könnten. Zu emotional. Zu persönlich. Zu wenig explizit politisch. Nicht empowernd genug. Zu destruktiv. Mir fallen tausend Gründe ein und mögliche Kritiken von vielen verschiedenen Seiten. Fehler, ständig Fehler. Ich habe Angst mich zu bewegen. Ich tu es trotzdem. Weil mir auch nichts anderes einfällt.

Ich kämpfe mit diesem Text. Seit langem.Ich weiß nicht ob dies ein politischer Text ist. Es ist ein persönlicher. Ich würde gerne Politisieren, was ich erlebt habe, aber es passt in keine Schublade. Aber was ich erlebt habe, prägt mich. Und mein politisches Handeln. Erschwert es manchmal.Ich würde gerne in jedem zweiten Satz wieder relativieren, was ich in dem davor geschrieben habe. Ist nicht so schlimm. Nicht zu vergleichen. Hab dich nicht so. Und vor allem, wer bist du denn, dass zu sagen, du warst eben anders, selbst Schuld. Du Opfer.

Die Rage-Feministin in mir rebelliert dann zum Glück. Kriegt immer mehr Support. Ich lerne immer deutlicher, dass das nicht stimmt. Dass es nicht stimmt, dass ich mich nicht gewehrt habe. Kein „leichtes Opfer“ war, weil ich schon immer anders war. Dass die Täter_innen das Problem waren. (Ich sollte das hundertmal schreiben, bis ich es auch wirklich selbst glaube),

Vieles in feministischen Kontexten überfordert mich. Es überfordert mich, als stark wahrgenommen zu werden. Es überfordert mich, in Gruppen zu sein. Es überfordert mich, dass Menschen es nicht unangenehm ist, sich zu mir positionieren.

Ich war eine von denen auf dem Schulhof, an denen was zu kleben schien. Für mich war es normal, mich nicht zu der damaligen besten Freundin zu stellen. Dass das nur außerhalb der Schule ging. Es war so selbstverständlich, dass das nicht ging. Ich könnte andere mit runter reißen. Das konnte ich nicht riskieren. Ich musste doch froh und dankbar sein, wenn jemand mit mir sprach. Auch wenn es mich wütend machte, mir nicht gerecht erschien. Nur eben normal.

Manchmal war ich fast wütender auf die, die daneben standen. Eine auch immer neben mir. Jahrelang. Trotz allem. Ich sollte dankbar sein, hätte dankbar sein sollen. Aber ich konnte nicht, weil ich so verletzt war, dass sie doch DA war. Das sie mitbekommen hat, was passierte. Was das mit mir machte. Und nichts sagte. Schwieg. Da war, aber geschwiegen hat. Das war unerträglich. Weil die Hilfe so greifbar war. Und doch unendlich weit weg.

Das schlimmste ist, wenn du die dir zugeschriebene Rolle irgendwann übernimmst. Weil nichts mehr übrig bleibt. Wenn es für dich normal ist, wenn du in der Öffentlichkeit gemieden wirst, wenn es normal ist, das Menschen nur mit dir sprechen wenn sie niemand dabei sieht.

Was meint ihr, was für eine Überforderung es dann darstellt, einfach nur in der Gegenwart von „coolen“ Menschen zu sein. Klar ist das besser geworden. Es sieht mir ja auch niemand an. Ich verstecke mich auch nicht mehr. Aber mir ist es unheimlich wichtig, das Menschen in der Öffentlichkeit sagen/zeigen, dass sie mich mögen/cool finden/respektieren. Ich lechze nicht mehr danach wie eine Ertrinkende. Das nicht. Aber es ist eingebrannt. Eingebrannt in jeden Zentimeter meines Gehirns. Dass es nicht normal ist, sich zu mir „zu bekennen“. Inzwischen habe ich eine neue Normalität gefunden. Dass es nichts besonderes ist, zusammen in die Mensa zu gehen, sich nach dem Seminar zu unterhalten. Irgendwann wurde diese Gewissheit irritiert, dass es besser ist, sich nur heimlich zu treffen.

Wenn Menschen dann in anderen Kontexten von Mobbing sprechen, packt mich oft eine unkontrollierte Wut. In Kontexten, wo vielleicht eine Person ausgeschlossen wird , vielleicht sogar wirklich verletzt wird, sich Menschen richtig scheiße verhalten – das ist trotzdem kein Mobbing. Mobbing ist ein systematischer Ausschluss seitens Personengruppen, die eine einzelne Person auf Grund von willkürliche gewählten Attributen über einen langen Zeitraum aus sozialen Kontakten rausdrängen, beschimpfen, beleidigen, schikanieren, isolieren. Einen politischen gewollten Ausschluss damit zu vergleichen, empfinde ich als unglaublich relativierend. Und es verdeckt Erfahrungen wie manche Menschen sie erlebt haben.

Oft war gar nicht ein „sichtbarer“ Konflikt das Schlimmste. Sondern das Ignorieren. Die Waffe des Unsichtbarmachens. Und das bewusst und sichtbar.
„Hört ihr was? Ich kann nichts hören. Schreit da jemand rum?“
„Huch, was war das? Ich habe was ekliges getroffen.“
„Ich sehe niemanden, ich rieche nur schlechte Luft.“
Eine Waffe, die Kinder schon früh kennen lernen. Und etwas, was unglaublich hilflos macht, weil alles, alles was du tust übergangen werden kann. Ganz einfach. Weil du nicht existierst. Deswegen finde ich auch heute dieses Übersehen und Unsichtbarmachen unfassbar schmerzvoll. Das passiert ständig in politischen Debatten. Es wirkt wie ein Versehen. Ein nicht hingucken. Aber dahinter steckt Gewalt. Viel Gewalt. Gewalt, die auf Grund einer Machtposition möglich ist – oder diese Machtposition geschaffen wird.

Ich will Mobbingerfahrungen auch nicht mit Diskriminierungserfahrungen gleichsetzen. Das funkioniert anders. Bei Mobbing gibt es keine strukturelle Ebene. Klar, es gibt Strukturen, die das begünstigen. Schulsystem. Sexismus. Normen ganz allgemein. Diskriminierungen kommen oft hinzu, können Auslöser sein. Wegen Körperformen zum Beispiel. Aber bei mir war das anders. Ich bin nicht gemobbt worden, weil ich dick bin. Die Rechnung lief anderherum. Wenn Essen der einzige Anker ist. Das einzige, was beruhigt.

Ständig lege ich mir zurecht, warum das alles passiert ist. Erkläre es mit meinem Verhalten, meinen Aussagen und wie ich so bin. Damit, dass ich schon immer eine kleine Feministin und anders war. Anstatt zu fragen, warum Personen es einfach in Ordnung fanden, mein Leben zu ruinieren. Kann mich immer noch nicht wirklich erinnern an die konkreten Momente. Aber Abends bin ich schlafen gegangen mit der Hoffnung, am nächsten Morgen doch bitte bitte nicht wieder aufzuwachen. Passive Suizidalität habe ich das irgendwann genannt. Ich war voller Hoffnungen, dass sich irgendwann was ändert. Die Grausamkeiten aufhören. Und ich hatte die Hoffnung, einfach nicht mehr aufzuwachen.

Ich habe Angst. Ich habe ständig Angst. Und ich schreie mich innerlich an, wenn ich in Kontakt zu anderen Menschen trete. Weil mir das noch mehr Angst macht. Ich kann Fehler machen. Ich kann mich bloßstellen. Einfach falsch sein. Halt doch endlich die Klappe, Steinmädchen! Wer bist du denn, dass du denkst, dass diese Menschen dich mögen könnten. Wie vermessen. Los, geh dir die Arme aufschneiden und mach dich kaputt!
Ich habe auch jetzt Angst, weil ich nicht weiß, wie ich weiter machen soll. Wie ich mich bewegen kann, wenn ich immer noch bei jeder Bewegung Angst habe. Wie ich mit Menschen weiter in Kontakt bleiben soll, wenn ich nicht ertrage, sofort panisch zu werden, wenn ich nicht beachtet werde. Wenn Menschen die ich mag, schlechte Laune haben, projiziere ich das ständig auf mich. Ich versuche mich zu bremsen. Mal positiv, mal eher so: Was denkst du dir denn, dass du wert bist, dass du was mit der schlechten Stimmung einer anderen Person zu tun haben könntest…
Versuche, nicht zu viel zu interpretieren. Aber in kurze Zeit passt ganz schön viel Gedankenchaos. Unter „Verlass mich nicht“ hat diese Autorin was geschrieben. Es bezieht sich wohl auf eine Hetero-Paarnormativität. Aber es passt zu den Gedankenspiralen, die bei mir auf viele zwischenmenschliche Beziehungen zutreffen. Wie schnell das geht. Warum das so anstrengend ist, Kontakt zu Menschen aufzubauen, wenn Emotionen in der Heftigkeit ständig da sind.

Mühsam kämpfe ich mich immer wieder aus diesen Gedankenspiralen raus. Zur Zeit ist es mir zu viel. Zur Zeit vermeide ich den Kontakt zu anderen Menschen. Verkrieche mich. Habe Selbstzerstörungsbedürfnisse. Weil der Schmerz in mir so unsichtbar ist. Und warum auch. Eigentlich ist nichts passiert. Wieder mal.

Ich suche die ganze Zeit schon nach einem positivem Dreh, einem guten Ende. Ich habe es überstanden würden wohl Menschen sagen. Ich bin nirgendwo runtergesprungen. Ich habe gekämpft. Ich würde den Dreh gerne so lassen, aber ich kämpfe immer noch. Und ich bin verdammt müde. Müde von diesem ständigen kämpfen gegen die eingebrannten Stimmen in meinem Kopf.

14 Gedanken zu „Mobbing. Hate-Gedankenspiralen und Angst vor Menschenkontakt

  1. Criz

    Hey,
    wir kennen uns nicht, aber du hast darum gebeten, etwas mit dir zu teilen. Und, scheisze, du hast an einigen Stellen mein Innenleben besser getroffen, als ich das jemals getan habe, glaube ich. Dabei hast du von dir geredet. Du hast auch geschrieben, dass coole Leute diesen Text vielleicht zu wenig empowernd finden. Aber er ist empowernd und du sagst auch selber warum. Irgendwie lässt sich das nicht einordnen, Mobbing ist keine Diskriminierung, also ja auch irgendwie nicht politisch. Dann isses ja irgendwie meine Privatsache oder so? Gehört vielleicht nicht auf einen “politischen” Blog?
    Mobbing ist nicht unsere Privatsache, wir haben uns das nicht angetan. Wir haben diesen Leuten keine Gründe gegeben, uns das anzutun. Bei manchen oder vielen von uns haben vielleicht keine -ismen reingespielt. Aber trotzdem passiert Mobbing zu oft, um so zu tun, als wenn das nichts gesellschaftliches wäre. Und, scheisze, die Gesellschaft, die uns das angetan hat, kann gefälligst auch hören, was sie uns angetan hat und sie kann uns helfen, endlich auf die Beine zu kommen.
    Und genau darum ist dein Text empowernd: Es ist dein Recht, über diese Scheisze, die dir widerfahren ist öffentlich zu schreiben und zu reden, ein Recht, von dem wir viel zu selten Gebrauch machen. Und du nimmst dir dieses Recht.
    Danke dafür!

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  2. A light Sneeze

    “Schön nochmal einen Seitenhieb gegen sich selbst, dann müssen andere das nicht übernehmen. Haha, ich war die erste, ich kann kontrollieren wer mich verletzt”
    Ja.

    “Wie ich mit Menschen weiter in Kontakt bleiben soll, wenn ich nicht ertrage, sofort panisch zu werden, wenn ich nicht beachtet werde. ”
    Ja.

    In Zahlen: 24 (Leute), 5 (Tage/Woche), 7,5 (Jahre).
    In Worten fällt mir grad schwer.
    Wie mal ein Lieblingsmensch zu mir sagte: “Du verkrampfst dich, wenn du darüber redest. Deine Stimme wird dann ganz anders”.
    Deshalb rede ich selten darüber. Und fast nie in Details.

    Ich kenne diesen Mechanismus, den du beschreibst, so gut. Selbsthass als Präventivmaßnahme. Als Ventil fürs Verletztfühlen. Nein, die andere Person ist okay, die ist doch geliebt, ich bin doch die, die nicht okay ist. Die das Falsche gesagt/gefühlt hat.
    Von drei Vertrauenspersonen ist z.Z. eine übrig, und will ich die vielleicht belasten? Hat der Mensch nicht genug eigenen Mist, muss ich da auch noch ankommen?
    Abwiegeln, in Miniportionen darüber sprechen, nicht zu viel, nicht zu offen.
    Selbstbeschimpfung in Endlosschleife, mitten aus dem nichts, dann wieder verschwunden, dann wieder da.
    Und dann den Innenschmerz nach außen leiten, um einen klaren Kopf zu bekommen.
    Verhandlung mit mir selbst: wenn du es getan hast, ist der Innenschmerz weg.

    Ich habe aus diesen siebeneinhalb Jahren da viel mitgenommen.
    Angst vor Gruppendynamiken. Angst vor Vertrauen. Vor An-mich-ranlassen. Sichabhängigfühlenabstürze.
    Auch Stärke.
    Ich lasse mir nicht einreden, was ich zu anzuziehen habe (war eh immer das Falsche, also kann ich es auch selbst aussuchen), ich kann vor fremden Menschen reden (mehr Hass und Verachtung wird mir nicht mehr entgegenschlagen), ich habe schon immer meinen eigenen Kopf (es gab nur den). Ich erarbeite mir das Meiste allein. Ich lasse mich wenig beeinflussen.

    Stärke. Für andere dasein. Trösten, verstehen, verlässlich sein. Licht und Schatten…Aushalten. Alles können (wollen). Immer vorwärts, vorwärts, vorwärts. Ich kann das, ich bin doch schon durch die ganze Scheiße durchgegangen, ich hab mich fürs Leben entschieden, was wollt ihr mir?
    Tränen abwischen, lächeln, weitermachen.
    Die Selbstdrangsaliererei sieht ja keine_r.

    Ich fühle mich wahnsinnig, das hier so offen hinzuschreiben. Und zugleich hättest du diesen Post zu keiner besseren Zeit verfassen können. Es trifft so genau, was ich die letzten Tage erlebe nach langen Wochen von Allesgut. Danke dafür.

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  3. Lena Schimmel

    Hey Steinmädchen,
    ich versuche mal, auf deinen Text zu antworten. Wollte ich direkt nach der Veröffentlichung schon, aber da hat mich die Müdigkeit sehr plötzlich niedergestreckt und ich hab erst jetzt wieder Zeit dazu gefunden.

    Ich finde es gut, dass du den Text nach so langer Zeit endlich online hast. Und das schreibe ich unabhängig davon, ob ich es nun für einen “guten” oder einen “politischen” oder einen “emanzipatorischen” Text halte. Es ist ziemlich offensichtlich, dass das ein Text ist, der einfach mal raus musste, egal welche Kriterien er nebenbei erfüllt oder eben nicht.

    Ich frage mich, was du mit den “coolen Menschen” meinst. Klar ist es erstrebenswert und cool, Dinge positiv, konstruktiv, empowernd anzugehen. Menschen, die mit voller Überzeugung selbst immer so schreiben und handeln, können deinen Text vielleicht befremdlich finden oder Teile davon nicht nachvollziehen. Aber wenn sie dich deswegen kritisieren würden, von dir fordern würden, dass jeder Text gewisse Mindestkriterien an “coolness”, etc. erfordern muss, etc… dann wären das ziemlich uncoole Menschen auf deren Meinung ich nicht viel geben würde.

    Ich lese deinen Blog gerne, gerade wegen dieser Mischung verschiedener Sichtweisen. Da gibt es so viel, das “Stärke” zeigt, also im Sinne von Emanzipazion, Empowerment, Selbstsicherheit, klarer Überzeugung… und dann wieder soviel Dinge, die eher als “schwach” gelten: Verletztheit, Trauer, Angst… das zeigt mir mal wieder, dass Menschen sich nicht in Schubladen wie “stark” und “schwach” einordnen lassen, sondern wir jeden Tag aufs neue (mit)entscheiden, welche dieser Eigenschaften wir ausleben wollen. Und an manchen Tagen läuft eben alles so beschissen, dass uns diese Entscheidung abgenommen wird und es nicht mehr darum geht, wie wir sein wollen, sondern erstmal darum, wie wir sein können.

    Deine Texte sind für mich aber nicht nur ein Beleg für diesen Stärke-Schwäche-Gegensatz, der in einem Menschen vorhanden sein kann, sondern auch dafür, dass Aktionen und Eigenschaften sich nicht immer diesem Schema beugen. Selbstverletzung habe ich lange Zeit als etwas schwaches angesehen, nachdem, was du hier geschrieben hast, sehe ich das nicht mehr nur so. Ich habe verstanden, dass darin Stärke liegen kann, auch wenn ich glaube, das ist nicht per se immer so, sondern hängt von der Situation ab.

    Ganz offen über diese negativen Gefühle zu schreiben, die oft als Schwäche gelten, ist schwierig. Es macht angreifbar durch Menschen, die eine angreifen wollen. Es ermöglicht aber auch Hilfe, Anteilnahme und Mut-machen durch Menschen, die einer helfen wollen. Es kann somit stärke und Mut machen, aber es braucht auch Stärke und Mut, um es überhaupt zu tun.

    Du schreibst Es überfordert mich, als stark wahrgenommen zu werden. Ich glaube, nachdem ich die letzten paar Absätze geschrieben habe, kann ich in diesen Satz etwas tieferes hinein interpretieren, der für mich zuvor nur oberflächlich verständlich war. Geht es da um die Erwartungshaltung, als starke Person auch immer stark handeln/sprechen/schreiben zu müssen? Das schlimmste ist, wenn du die dir zugeschriebene Rolle irgendwann übernimmst. Ich fände es daher schlimm, wenn du die zugeschriebene Rolle als schwache Person, als “Opfer” jetzt einfach austauschen würdest gegen die zugeschriebene Rolle der starken Feministin, die nur noch politisch und empowernd ist. Meiner Meinung nach bist ein bisschen von beidem, aber selbst das ist ja nur eine Zuschreibung von mir – also von außen – und sollte dich niemals davon abhalten, so zu sein, wie du bist.

    Jetzt habe ich mich irgendwo im Meta verhaspelt anstatt auf deine Erfahrungen mit Mobbing und Ausschlüssen in der Schulzeit einzugehen. Ich weiß auch gar nicht, ob und wie ich das kann, schließlich waren meine Erfahrungen deutlich anders, viel weniger drastisch. Trotzdem kann ich bei vielem von dem, was du dazu schreibst, mitfühlen und merke, dass viele dieser antrainierten Selbstzweifel auch mal in mir waren. Kleine Reststücke davon sind auch jetzt noch da, wenn ich ganz ganau hinschaue. Aber das meiste sind Erinnerungen, von denen ich selbst nicht weiß ob sie fertig verarbeitet sind, oder verdängt, oder einfach verjährt.

    Den Weg von der Situation damals zur Situation heute habe ich also gerade nicht mehr präsent, kann somit gerade keine Patentrezepte und gutgemeinten Ratschläge geben. Ich “kenne” dich ja bisher nur aus deinen Blogposts und Tweets, und beides lese ich erst seit realtiv kurzer Zeit. Daher kann meine Einschäzung auch falsch sein. Aber ich habe das Gefühl, du hast “es” zwar noch nicht komplett überstanden, aber zumindest schonmal “das Schlimmste” überstanden. Ich verstehe das so, dass es in deinem aktuellen Umfeld immer weniger Menschen gibt, die den Stimmen in deinem Kopf recht geben. Irgendwann werden auch die Stimmen müde von diesem unsinnigen Kampf, dann verstummen sie, und dann hast du es überstanden.

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  4. Miria

    Hey Steinmädchen,

    ich kann so vieles nachvollziehen. Ich kenne es auch das Gefühl, immer alles falsch zu machen. Egal, wie oder was ich gemacht habe, es gab immer eine Reaktion wie “dumm” ich doch sei und dass ich ja gar nichts könnte und soweiso für mein Alter viel zu zurück! Das schlimmste war, das dies von meiner Mutter kam. Sie hat mich quasi mein ganzes Leben lang systematisch runtergemacht und ja auch gemobbt, so wurde essen bestellt für meine Eltern und meinen Bruder und ich wurde “vergessen” o.ä.
    Das ganze ging dann in der Schule ähnlich weiter wie von dir beschrieben. Allerdings hat das Erlebte in der Schule mich weniger getroffen als das Problem Zuuhause. In der Schule hatte ich meine zwei oder drei guten Freunde (mit denen ich auch immernoch Kontakt hatte) und die sog. “coolen Menschen” waren mir mehr oder weniger egal. Aber ich weiß genau, was du mit “coolen Menschen” meinst.
    So wie ich sie in Erinnerung habe, waren sie keineswegs irgendwie toll oder cool, sondern sie fühlten sich nur als wären sie die größten und tollsten und nahmen sich einfach alles raus. Aus heutiger Sicht würde ich eher sagen, dass das ganz arme Würstchen waren, die versuchen durch Mobbing ihr ego zu pushen.

    Wie a light Sneeze auch schreibt habe ich auch in gewisser Weise sehr viel Stärke gewonnen: Ich kann alles erreichen was ich will und das meist ziemlich gut alleine. Ich musste schließlich immer schon mit allem alleine klar kommen. Andere Menschen sind mir bis auf wenige Ausnahmen egal und so ist es mir auch deren Meinung über mich, ich muss nicht bei jedem gut an kommen.
    Aber sobald mir jemand wichtig wird tauchen die Zweifel von früher wieder auf; dieses “bin ich denn gut genug?”, “Bestimmt mach ich alles falsch”…
    Ich hoffe, dass auch irgendwann überwunden zu haben.

    Liebe Grüße,
    Miria

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  7. ........

    Hey, ich kann grad nicht soviel schreiben, weil mich das zu sehr runterziehen würde, wollte dir nur für deinen Text danken und sagen, dass du mit den Gedanken nicht allein bist =)

    Antworten
  8. Gerti

    Die Markierung von Anderssein durch die heterosexuelle Normmatrix mündet leider sehr oft in höchst gewaltsames Mobbing. Ursache des Mobbings ist aber so gut wie nie die Gemobbte, sondern es sind die HERRschaftsmöglichkeiten und die Gewaltwünsche derjenigen, die mobben. HERRschaftsausübung zu Lasten derjenigen, die anders sind. Wer nicht in die heterosexuellen Normmatrizen hinein passt, läuft immer Gefahr, gemobbt zu werden, ganz unabhängig davon, wie sich die Gemobbte verhält.

    Schuld sind die anderen. Bei Mobbing ist das so.

    Schlimm ist oft aber auch, dass die Mobber ihr Mobbing meistens verstärken, wenn sich die Gemobbte zu wehren anfängt. Das ist ja auch logisch: Das Sichwehren wendet sich ja gegen ihre HERRschaft. Meine Erfahrung ist es, dass Zurückmobben hilft. Je fieser umso besser. Mobber lächerlich machen hilft besonders gut. Es scheint für Mobber einen pädagogischen Effekt zu haben, wenn sie wortwörtlich spüren, wie es ist, selber gemobbt zu werden.

    Der allerbeste Schutz in einer heteronormativen Welt sind aber geschützte Bereiche!

    Antworten
  9. A light Sneeze

    @Gerti:
    Wie willst du eine Gruppe “zurückmobben”? Wie willst du als Einzelperson eine Gruppe ausschließen?
    Ich ahne, was du meinst – ich neide dir deine Erfahrung. In meiner Erfahrung bringt sog. Wehren rein gar nichts. Ich habe von Ignorieren über Sarkasmus, Lächerlichmachen(wollen), Hilfe holen bis zu Handgreiflichkeiten alles getestet, was mir in den Sinn kam.
    Den Leuten nie wieder begegnen, das hilft.
    Die schwächsten Personen der Gruppe, i.e., die, die von allen anderen gehänselt werden, gehen erst recht auf dich los. Und zwar gerade _weil_ sie “spüren, wie es ist, selber gemobbt zu werden”., Da will nämlich keine_r hin.

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    1. Tina

      Ich glaube, ein Verhalten, was ich mir zum “Zurückmobben” antrainiert habe, was wohl ein bisschen funktioniert hat, war das Arbeiten mit “geliehener” Autorität. Zu schauen, vor was die Mobber Respekt haben, und versuchen, das anzusprechen. Kann auch in die Richtung verpetzen gehen, wobei ich glaube, dass ich eher versucht habe, Sachen öffentlich zu machen oder damit zu drohen.

      Weiß gar nicht, wie gut das wirklich funktioniert hat, ich merke nur, dass ich diese Verhaltensmechanismen immer noch habe und sie mir heute oft an mir nicht gefallen.

      Antworten
  10. [rrr]

    *an manchen stellen steht “man”. bitte nicht dran stören : ersetzbar durch welches ähnliche korrektere wort auch immer. ich bin eine frau.

    ich habe ähnliche erfahrungen gemacht: “sich wehren” macht es schlimmer. vor allem, wenn vorgesetzte mit im spiel sind, die nicht genau genug zuhören oder aus welchen gründen auch immer nur eine seite sehen wollen. dabei find ich es ziemlich schwierig zu definieren, was “sich wehren” heißen kann, denn man muss ja immer mitbedenken, in was für eine situation man sich dadurch dann bringt, es zieht ja oft einen rattenschwanz an folgen nach sich. “sich wehren” kann meiner meinung nach auch heißen, extra nicht drauf einzugehen und so zu reagieren, als könnte man so dumme provokationen gar nicht ernst nehmen. die anderen also auflaufen zu lassen. was meiner erfahrung nach aber auch oft erst recht mobbendes verhalten und ausschlüsse provoziert (was ja andererseits irgendwie die bestätigung ist, dass bei den mobbenden da ein wunder punkt getroffen wurde). was ich damit sagen will: ich denke auch, dass eine einzelne kaum bündnisse anderer, die in gruppenstrukturen getragen werden, auflösen kann. und es macht sicher nicht unbedingt sinn, sich selbst derart zu exponieren, dass man gefahr läuft wirklichen schaden zu nehmen oder verluste hat, die man sich nicht leisten kann oder will.

    also ist die frage, wie sich also den gruppenstrukturen noch zuordnen? nur weil andere ein problem haben, heißt das ja nicht, dass man sich den schuh anziehen muss. niemand kann mir verbioeten, meine eigene situation selbst zu definieren (solang ich nicht grade in körperlicher weise gebunden und gefoltert werde o.ä. aber um so krass auswüchse geht es mir hier nicht).
    ich für meinen teil reagier oft so, dass ich dann denke; “was soll der scheiß bitte? ich hab euch nichts getan, wenn ihr so blöde seid und das braucht, möchte ich mit euch gar nicht so eng zu tun haben müssen, weil ich solche umgangsformen einfach nicht mag und dergleichen in meinem handlungsrepertoir nicht vorkommt.”
    andererseits kann es situationen geben, wo es sich zumindest zeitweise nicht vermeiden lässt, doch zusammenzuarbeiten. und sich alles gefallen zu lassen kann ja auch nicht der weisheit letzter schluss sein. genausowenig wie, sich permanent schlecht zu fühlen, bloß weil andere einfach den schuss nicht gehört haben (was ganz und gar nicht heißen soll, dass ich nicht kenne oder anerkenne, dass man sich schlecht und falsch fühlt. grade das ist ja das problem. leiden tun ja meistens einfach auch die, die etwas sensibler sind und sich mehr gedanken machen. und ich hab zeiten, wo mir das gefühl, egal wo ich hinkomme, einfach inkompatibel zu sein, sehr zu schaffen macht).
    was also tun?

    ich glaube, diese art von mobbing hat gründe, die unter anderem damit zu tun haben, dass man ganz viel neid provoziert. auch und vielleicht sogar vor allem auch gegenüber vorgesetzten – dass man sich z.b. NICHT dumm kritisieren lässt, eher mal die eigene position vertritt und strukturen, die übergriffig, sexistisch oder einfach ungerecht sind, angreift, unterläuft und nicht mitträgt.
    das könnte den vorgesetzten provozieren, obwohl er direkt nichts machen kann, diese person eher in die schwierige ecke zu drängen und anderen im team freiere hand zu geben.
    und das könnte ganz viel neid und missgunst auslösen auch bei teamkollegen – und vor allem dann bei kolleginnen, wenn es um sexistische strukturen geht, weil die sich irgendwie sowas direkt nicht trauen. und deren repertoir dann eher hintenrum oder sonstwie ätzend funktioniert .
    —meine total subjektive interpretation der beobachtungen, die ich kenne.

    und das “coolsein” von leuten, ist oft ja auch einfach ein machtdings, das alphaplätzchen einzunehmen (wie bescheuert es auch sein mag, alpha ist immer für alpha gut. und alpha funktioniert ja nur, wenn es genug beta und ceta und xyz-plätzchen gibt, die bewundern und applaudieren und nachmachen). solche leute fühlen sich meiner erfahrung nach gerne mal davon provoziert, wenn es leute gibt, die sowas nicht brauchen und diese positionen deswegen nicht bedienen.

    deshalb würde ich in meiner interpretation noch einen schritt weitergehen und annehmen, dass das vorhandensein von mobbing in dieser art, ein anzeichen dafür ist, das hier eine – in diesem fall die gemobbte – mit sinn und verstand dabei ist, dumme und ungerechte und abwertende strukturen auseinanderzunehmen. und deswegen sich andere, die zu schwach sind, alleine eine position (oder sogar opposition) zu halten, sich davon angegriffen fühlen.

    ich will jetzt gar nicht abtun, dass man darunter sehr leiden kann. ich finde das absolut gerechtfertigt und finde es total wichtig, das zu artikulieren. ich finde es auch richtig, mit rückzug zu reagieren, wenn einem danach ist. ich denke aber auch, es gibt offensivere und weniger offensivere, passivere und aktivere spielräume, sich die situation (wieder) anzueignen, gerade weil eine person alleine, sich selbst niemals ausschließen kann. und deshalb eine position einfach vertreten kann. da gibt es sicher ganz viel zu üben und zu lernen — ich bin weit entfernt davon, hier irgendwas besonders toll zu können. meistens reg ich mich viel zu sehr auf, bzw. kann ich meine aggressionen dann nur schlecht in kühl und effektiv genuge handlungen kanalisieren, die nicht dann mir selber wieder auf die füße fallen.
    aber nichts desto trotz, denke ich, es lohnt sich zu lernen, wie das geht — vor allem auch im ständigen bewussten abgleich damit, wie viel eine sich grade zumuten kann oder möchte.

    ansonsten würd ich sagen: rutscht mir den buckel runter. wer hinter meinem rücken redet, redet mit meinem arsch. und ich kann trotzdem freundlich sein und bestimmt, ohne falsch zu sein. und niemand kann mich daran hintern, mir das, was ich zum arbeiten brauch, selber zu besorgen. auch wenn ich das gefühl habe, ich werd ausgeschlossen. nervt zwar, aber je genauer ich hinkucke, desto klarer wird: das ist nicht mein niveau: wenn leute gegen andere mobben und sowas brauchen, geht mich das im grunde genommen nichts mehr an. es nervt zwar, aber menschlich renn ich solchen leuten ganz bestimmt nicht nach. sachliche freundlichkeit tut es dann allemal und nur weil andere gegen mich eklig sind, brauch ich noch lange nicht eklig zurück sein. da kann ich auch extra korrekt werden. und dann ärgert sich auf einmal jemand anderes oder es ärgert sich gar keiner mehr, mir auch recht, jedenfalls gehts mir dann besser damit und ich hab nicht das gefühl verloren oder kapituliert zu haben.

    wie gesagt, das ist meine persönliche strategie, muss für überhaupt sonst keine passen.

    lieben gruß

    Antworten
  11. [rrr]

    nachtrag:
    also irgendwie muss ich das noch nachschieben: meine kindheit und jugend war richtig scheiße. ich weiß wovon ich diesbezüglich rede. ich war trotzdem immer klassenbeste und hab mich ab der 7. klasse äußerlich massiv abgegrenzt, gegen die anderen in der klasse, gegen die eltern aber vor allem auch gegen die lehrer (so mit farbigen haaren und stiefeln etc. das volle programm). wir haben auf dem platten land gewohnt, und ich hatte bis zum abi 5 schulwechsel durch, weil wir dauernd umgezogen sind, 100e und 1000e km weit. außerdem hab ich mich schon sehr früh mit feminismus angefangen zu beschäftigen, einfach um irgendwie mal irgendwas in die hand zu kriegen, was mir hilft, mit der situation in meinem elternhaus umgehen zu können.
    ich bin 38 inzwischen und ich weiß wovon ich rede, wenn ich sage: es ging mir zu zeiten einfach richtig schlecht. und ich weiß auch wovon ich rede, wenn ich sage: ich musste leider feststellen, dass und wie lange es dauert, bis man damit irgendwie einen eigenen weg gefunden hat, der passt und einigermaßen funktioniert. meine mutter hat sich nicht vor mich gestellt, weder in der schule noch vor dem vater.

    deswegen kann ich für meinen fall auch nicht ausschließen, dass ich anderen leuten gegenüber abwehrendes verhalten nicht auch selbst auslöse. und ich versuch mich oft zu fragen: will ich das wirklich (kann ja ok sein) oder geschieht es unbeabsichtigt? eine (rechtzeitige) antwort gelingt mir nicht immer. und ich kann auhc nicht ausschließen, dass es anderen leuten gegenüber meinerseits eine gewisse neidsituation vorliegt, vor allem, wenn diese selbst nie anecken mussten, und nie existenziell oder sonstwie ernsthaft gefährdet waren, sondern im gegenteil ein emotional behütet und finanziell sicheres zuhause hatten.
    einerseits.
    andererseits würde ich sagen: das ist nicht neid. das was ich mitmachen musste, hat bei mir ja gerade verursacht, dass ich mich anderen gegenüber niemals mobbend verhalten würde. es ist dann eher sowas wie: lasst mich bloß in ruhe, ihr habt ja gar keine ahnung. warum hört ihr eigentlich nicht richtig zu?

    aber damit verbunden ist auch, dass stark sein manchmal furchtbar wehtut, wenn es an den stellen notwendig ist, die kaputt sind oder waren. allein schon, weil man sich immer wieder konfontieren muss mit dem was war und damit, dass man an der und der stelle eben anders reagiert als andere und schwierigkeiten hat oder kriegt oder verursacht, weil einem nicht passt, wie diese dinge eben “normalerweise” so gehandhabt werden.
    und das passiert bei mir einfach nach wie vor immer noch, dass ich zwar eigentlich weiß: ja, inzwischen kann ich das, anders reagieren, mit solchen situationen einigermaßen souverän umgehen, selbst wenn dann die alten – und meine eigenen – filme wieder hochkommen.
    aber ich weiß es gleichzeitig auch: wenn du da rangehst, tut es weh. stark sein geht, ich kann das, aber die schritte tun weh.
    deshalb ist es für mich zu zeiten einfach absolut notwendig, dass ich mich raus- und zurückziehen kann, um mich innerlich auszugleichen. und dann irgendwann auch zu merken: ah, das war gut da irgendwie, ich hab ein stück weit land gewonnen.

    das wollt ich noch eben loswerden – so einfach, wie das da oben steht, ist das bei mir alles nicht. aber das heißt ja noch lange und erst recht nicht, einen anderen blick auf die dinge nicht auch in anderes umgehen damit zu wenden.

    XXX

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  12. Steinmädchen Artikelautorin

    Merke, wie es mir voll schwer fällt, auf eure Beiträge zu antworten, obwohl ich alle gerne gelesen habe. Aber es war so ein: Text raus, bloß nichts mehr damit zu tun haben Ding.
    Die Auseinandersetzung ist schmerzhaft.

    Danke für euer Mutmachen, dass es richtig war, diesen Text zu schreiben. Und dass er zumindest für einige Menschen empowernt wirkt. Das ist gut. Das negatives )Gefühls)erleben Sichtbarmachen total viel sein kann. Ich schaffe es selten, mich dafür ernsthaft wertzuschätzen.

    Ja, Selbsthass ist eine absurde Form von Präventivmaßnahme. Das ist total krass, wie wichtig so eine Strategie sein kann, um sich selbst zu schützen. “Ich kann das, ich bin doch schon durch die ganze Scheiße durchgegangen, ich hab mich fürs Leben entschieden, was wollt ihr mir?” Das kenne ich auch so gut. Es ist manchmal eine beruhigende Gewissheit. Dass eine schon verdammt tief am Boden war, dass auf einer schon so krass rumgetrampelt wurde… nothing left too lose.
    Ich hab irgendwann mal verstanden warum ich bis vor kurzem total selten Angst hatte. Angst heißt, etwas zu verlieren zu haben. Ich hatte nie das Gefühl, noch was verlieren zu können.

    Das mit den coolen Menschen… Puh. Ja. einer meiner Denkfehler. Weil ich Menschen auf ein Podest hebe. Wo sie nicht hingehören. Wo ich sie nicht frage ob sie dort sein wollen. oder welche rolle ich für andere manchmal einnehme.

    Das mit dem Wehren ist ultimative kompliziert. Weil uns als frauen* eingetrichtert wird, dass ignorieren die beste wahl ist. Das ignorieren machtvoll ist. Dass die aufhören, wenn eine sie nicht beachtet. Das ist totaler Blödsinn. So funktioniert das nicht.
    ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, mich durch mein Wehren noch angreifbarer zu machen. Weil ich ja nicht zuschlagen und dann nie wieder kommen konnte. Schule heißt jeden Tag wieder hin zu müssen. Jeden fuckin Tag aufs Neue.
    Das macht es super schwer.

    Hilfe holen lernen wäre wichtig. Und dann coole Hilfe bekommen. Die bei den Täter_innen ansetzt und nicht sagt, ich dürfe das nicht so ernst nehmen…

    viel. mein kopf platz gerade vor dauerpräsenz des themas durch fotos, gegenstände und erinnerungen.
    scheiße, dass da einige von euch auch durchmussten.
    gut, zu wissen nicht allein zu sein.

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