Nachtwunden

Cilia liegt einfach da im Bett. Starrt aus dem Fenster. Drückt zum Siebten Mal den Alarm weg. Das Handy in der Hand, den Finger auf der Taste. Die meiste Zeit liegt sie nur da, starrt aus dem Fenster. Manchmal schreckt das Klingeln sie aus ihre Lethargie. Dann kriecht sie weiter unter die Decke, verschwinden zwischen ihren Kopfkissen. Manchmal zieht sie mit dem Arm das Kissen runter, aufs Ohr, aufs Gesicht. Und einem Impuls nachgebend drückt sie kräftiger zu, sodass die Luft knapp wird.
Passive Suizidalität.
Wortspielerei beim Aufwachen.
In der Leere verlieren, damit die Träume fort bleiben.
Cilia hat wieder schlecht geträumt. Kein Schreitraum, bei dem man aufwacht weil man zu sterben droht. Einer der zehrenden Art, keine Ausbruch, keine Ende, keine Katharsis. Nur das Gefühl von Angst und Ohnmacht.
Bruchstücke eine zerstörten Welt, die sie nun mühsam einsamen und wieder zusammen setzen muss. Die Puzzelteile haben ganz unterschiedliche Farben und Formen. So wie Gewalt eben verschiedene Wunden schlägt. Brüche, Schürfwunden, Schnittverletzungen.
Erfahrungen, die nicht ins Leben integrierbar sind, weil sie keinen Sinn ergeben, weil es Momente sind, in denen das Subjektsein, eine eigenständige, fühlende Person zu sein, in Frage gestellt wird.
Cilia starrt wieder nach draußen, verliert sich mit ihrem Blick in der Leere. Sie fühlt den Schmerz nicht mehr. Es ist nicht ihr Schmerz.

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