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Schweigewände

Die Arme fest um die Beine geschlungen sitzt sie da. Um sie herum regt sich nichts. Nur von draußen erklingt das Rauschen des Windes.
Ist es wirklich?
Marie betrachtet die weißen Wände vor sich.
Ob sie wirklich existieren?
Von Weiß umgeben sitzt sie da, irgendwo in der Zwischenwelt. In dem namenlosen Raum zwischen Realität und Wahnsinn.
Sie sagen sie wäre krank. Deswegen ist sie hier, in diesem weißen Zimmer.
Wo die Wände schweigen. Kalt bleiben sie, ganz kalt.
Und still.
Marie sucht die Geschichte, die Geschichte hinter diesem Schweigen.
Doch da ist nur Leere.
Ein tiefes Nichts, dass sie zu verschlingen droht, sie aufsaugt. Sie will sich wehren, protestieren. Sie will aufstehen und schreien.
Kalte Hände pressen sich auf ihren Mund. In ihrer Kehle ist ein Knoten, sie wird ersticken. Sie kann sich nicht bewegen, kann nicht rufen, nicht flehen.
Dieses Tapsen, dieses Raunen.
Wahrheit oder Einbildung?
Marie verzweifelt, weiß nicht wo sie ist. Weiß, dass sie verrückt ist. Sie hört Dinge, die nicht da sind.


Er hat ihr gesagt sie wäre nett.
Er sagte, sie wäre hübsch und attraktiv.
In ihr schrie alles auf.
Marie hielt sich die Ohren zu, wollte es nicht mehr hören. Die lauten Stimmen, die alles in ihr explodieren lassen, sie von innen zudröhnen.
Marie ist eklig, Marie ist abstoßend.
Abstoßend. ABSTOßEND!

Jetzt sitzt sie da, auf diesem weißen Bett, in dem Zimmer mit den weißen Wänden. Ein Zimmer ohne Geschichte.
Müssten die Wände nicht viel zu erzählen haben von den ganzen stummen Menschen? Menschen, in deren Köpfen Dämonen toben.
Marie horcht hinein in das kalte Zimmer.
Die Wände bleiben stumm. Sie hören nicht, dass es in ihr schreit. Und auch sie können Marie nicht sagen, was wirklich ist.
Marie schweigt weiter – und ihre Geschichte bleibt unerzählt, erstickt von weißen Wänden und lautem Geschrei.