Das Patriarchat ist an allem Schuld.

Edit: Unten findet ihr das Ganze auf Vorgelesen.

Das Patriarchat ist schuld. Ich schwöre euch, das Patriarchat ist schuld. Ich sitze hier und presse mir ein Kühlpack auf die Wange und habe Schmerzen. Ich darf keine „krümmelige und keine feste“ Nahrung zu mir nehmen. Let’s face it: Brei, Quark und Suppe. Ich darf nicht trinken, nicht rauchen, keinen Sport machen. Damit wären alle gesellschaftlich angesehenen Bewältigungsstrategien ausgeschlossen. Ich bin nicht sonderlich gut erträglich wenn ich nichts machen kann. Zum Denken und somit für Fleißigsein stehe ich zu sehr unter Schmerzdrogen. Ein Zustand, den ich unterschätzt habe. Auf allen Ebenen. Jedenfalls sitze ich hier, sehr schlecht gelaunt, und mir fällt nichts, aber auch gar nichts ein, wie ich wenigstens noch ein wenig sinnvoll destruktiv mit der Welt umgehen sollte.
Also schreibe ich einen Blogtext.
Jedesmal, wenn es in der Wange zieht denke ich: Scheiß Patriarchat. Überhaupt denke ich das sehr oft. Wenn mir was auf den Fuß fällt. Wenn ich stolper. Wenn mir das Patriarchat im Kiefer rumschneidet. Ich denke wirklich, wirklich oft am Tag: Scheiß Patriarchat. Ein Zentel so oft spreche ich das dann laut aus, was immer noch oft genug ist. Mit einer guten Freundin rede ich immermal wieder über die scheiß Dinge im Leben. Irgendwann kommen wir immer zu dem Punkt: Scheiß Patriarchat. Selbst wenn es um was völlig anderes geht, das Problem sich wirklich nicht direkt relaten lässt – irgendwann gibt es immer diesen Moment wo es dann doch wieder passt zu sagen: Scheiß Patriarchat.
Vielleicht erwartet ihr jetzt eine Wendung in diesem Text. Aber ich habe mir ja überlegt, dass mit den Wendungen lasse ich sein. Und ich habe Schmerzen und ich hasse das Patriarchat wirklich sehr. Und wenn ich gerade daran denke, dass sich wieder Maskus auf meinem Blog rumtreiben, da fällt mir auch nichts anderes ein als mich zu wiederholen: Scheiß Patriarchat.
Klar kann ich das ausdifferenzieren, könnte analysieren wie nervig Maskulinisten auf feministischen Blogs sind, wie sehr sie doch alles falsch verstehen, ich könnte was dazu schreiben dass ich eine psychisch gestörte männerhassende feministische Lesbe bin, ich könnte gar versuchen es zu widerlegen, aber dass ist mir nun wirklich zu anstrengend. Feminist Bore-Out wie Nadia vor einiger Zeit so treffen schrieb. Ich könnte ausdifferenzieren, dass die Verlinkung von „Mir ist was auf den Fuss gefallen“ und „Scheiß Patriarchat“ weniger direkt ist als die von Angetatscht werden und sich aufregen. Aber ich könnte auch erklären, dass ich dem Moment an das Patriarchat gedacht habe, hui hui, ich könnte in die Psychologiekiste packen und einen freudschen Gegenstandsfall kreieren!
Worauf ich hinaus will: Das Patriarchat ist Schuld. Schuld am Klimawandel, Schuld an schlechter Musik, Schuld am Untergang von Twitter und vor allem Schuld daran, dass ich jetzt keinen Tequila trinken kann um mich adäquat übers Patriarchat aufzuregen. (Tequila gilt hier als Metapher. Ich trinke eigentlich nicht so gerne Schnaps. Aber ich habe Grey’s Anatomys geguckt.)
Vielleicht sage ich auch immer nur Scheiß Patriarchat, damit ich weniger jammer. Damit ich nicht in diese kuschlige Höhle aus Schmerz rutsche, meine Wunden lecke und mich nur noch um mich selbst drehe. Vielleicht brauche ich diese Erinnerung im Alltag um zu wissen, dass es zwar weh tut, ich aber was tun kann. Vielleicht brauche ich diesen Satz, damit ich nicht vergesse, was zu unternehmen, vielleicht brauche ich diese zwei Wörter um mich nicht zu gemütlich im Schmerz einzurichten. Oder einfach deshalb, weil es wirklich immer passt.

3 Gedanken zu „Das Patriarchat ist an allem Schuld.

  1. spunk

    duhuuu? wenn einem das patriarchat im kiefer rumgeschnitten hat, darf eine aber auch mal rumsitzen und sich seine wunden lecken. sich gemütlich im schmerz einrichten, sich in deckenbergen versenken, eine lieblingsserienwelt an den augen vorbeiziehen lassen und die watte im kopf zum gedankenpolstern nehmen. alle produktivitätsmessgeräte im eigenen kopf mit einem karacho an die wand klatschen und so. spätestens dann.

    aaaaber wennde das gestern schon gemacht hättest, hätt ich nicht diesen herrlich selbstironischen text vorgelesen bekommen heut morgen. <3 wär auch schade gewesen.

    als ich den las musste ich voll an mich denken nach meiner letzten kiefer-op, wie ich wütend und fertig zu hause saß und versuchte, die wut wegzureflektieren. und daran gescheitert bin, weil schmerz der einem zum eigenen besten zugefügt wird, eben doch auch schmerz und scheiße ist.

    lieben gutebesserungsgruß
    das spunk

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    1. Steinmädchen Artikelautorin

      ja keine wut reflektieren, lieber weiter blogtexte schreiben. m) ich lese schon die masku schlagzeilen vor mir: Feminismus ist verkürzt, hasserfüllt und braucht immer einen Sündenbock! (männerhassende behaarte Lesben muss auf jeden fall auch noch rein, aber das ist ja schon in der formatvorlage gespeichert)

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  2. MadameFlamusse

    ;-D ich trink schon gern mal nen Schnaps und bevorzuge Tequila braun!
    Und klar du hast gelitten, aber mich tröstet es ein bisschn das ich nicht die einzige bin die vom Patriarchat gequält wird. DANKE für den munteren Text, erstaunlich was Du so hinkriegst in betäubt mit Aua und so. Krass

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